Umjubelte Premiere im Theater in der Scheune
„Es fährt kein Zug nach irgendwo“ macht den Not-Halt in „Schönglien im Walde“ zu einem rundum gelungenen Theaterabend
Schönwalde-Glien (Dorf): Sind sie schon mal schwer bepackt durch den Bahnhof gesprintet, weil das Gleis spontan geändert wurde? Oder durch einen Zug mit falscher Wagenreihung geirrt? Oder standen Sie schon mal stundenlang mit einem Triebwerksschaden auf offener Strecke – im Hochsommer, bei ausgefallener Klimaanlage? „Klar! Ist doch typisch Bahn!“, sagen Sie?
Großartig! Denn genau das passiert in diesem fulminanten Bahn-Abenteuer auf der Strecke von Hannover nach Berlin, wo der ICE 6948 mit Triebwerkschaden an einem trostlosen Provinzbahnhof in „Schönglien im Walde“ stehen bleibt und die Fahrgäste dort ohne Handy-Empfang, ohne Taxis und ohne Aussicht auf Weiterfahrt zurück lässt.
Das Theater-Ensemble des kreativ e.V. hat diese spritzige und so gar nicht realitätsfremde Komödie, geschrieben von Winnie Abel, mit sehr viel Witz und Schwung auf die Bühne gebracht und das Premierenpublikum am Samstagabend komplett begeistert.
Unter der Leitung von Karla Ehl kommt es auf dem schon lange stillgelegten Bahnhof – eindrucksvoll gestaltet von Julia Krüger – zum Aufeinandertreffen unterschiedlichster Charaktere, von denen einige ganz wichtige Termine in Berlin haben, wo hingegen der feucht-fröhliche Kegelklub aus der Not eine Tugend macht und den erzwungenen Aufenthalt zu einer Party umfunktioniert. Völlig orientierungs- los hingegen eine amerikanische Touristin, die vor den Toren des Provinz-Bahnhofs das Brandenburger Tor sucht, während sich im Beisein der gestressten Fahrgäste die Beziehung eines Paares ganz offensichtlich ihrem Ende zuneigt.
Als die Polizei unter den Fahrgästen nach einem Psychopath sucht, nimmt das witzige Nervenchaos seinen Lauf. Einzig der auf dem Bahnhof lebende Landstreicher – gespielt von Reinhold Ehl – lässt sich von all der Hektik nicht anstecken und greift immer wieder entspannt zu seiner Mundharmonika.
Nach einer durchaus stressigen Probenzeit spürte man bei allen Akteuren die Erleichterung, dass nach der gelungenen Generalprobe am Vorabend nahezu alles perfekt sitzt. Die drei Kegelschwestern – Renate Weilmann, Angela Wachowiak, Britta Franke-Schütte in einer Doppelrolle mit Ulrike Engemann – haben mit ihren Rollen einen Mordsspaß, und das spüren die Zuschauer auch. Souverän wie immer Beate Rintel-Sellenthin, die die überaus genervte Managerin spielt, ebenso wie Petra Radlmaier-Brenneisen, für die alles nur eine Frage der Einstellung ist. Witzig und fast ein wenig verschroben Ralf Herbrich, für den das ganze Desaster lediglich ein abgekartetes Spiel der Deutschen Bahn ist. Überzeugend wie immer Wolfgang Sellenthin als abgestumpfter Ehemann von Christa – hervorragend gespielt von Steffi Steinbeck – ein neues Gesicht im kreativ-Ensemble; ebenso wie Doreen Freund, die mit viel Enthusiasmus eine völlig ahnungslose amerikanische Touristin spielt. Besondere Anerkennung für die Leistung von Winand Steinert als Polizist, der ebenfalls zum ersten Mal auf den „Brettern dieser Bühne“ stand und innerhalb von nur wenigen Tagen den leider erkrankten Thomas Wagenknecht ersetzen musste. Und dann waren da noch Hannelore Böse, Philipp Anker und Susi Lindemann, die ihren kleinen, aber äußerst wichtigen Rollen eine unverwechselbare Lebendigkeit gaben.
Besonderer Dank für unsere Souffleuse, Heike Wieseke, die keinen auf der Bühne alleine ließ, ebenso wie unsere „Drei von der Technik“ – Wolfgang Pìnter, Vitus Pìnter und Peter Blaudszun, die – professionell wie immer – die Bühne und die Akteure mit Licht und Ton versorgten.
Zu unserer Vorstellung am 9.7.2023 hatten wir besuch von der Zeitung „unser Havellland“ und hier können Sie den Artikel zu unserer Vorstellung lesen
Reinhold Ehl